MieterInnenrechte stärken – Wohnen leistbar machen

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Die Wohnungskosten sind in den vergangenen zehn Jahren sprunghaft angestiegen und machen gerade für junge Menschen Wohnen zunehmend unleistbar.Alleine zwischen 2002 und 2006 stiegen die Wohnungspreise um 10 Prozentpunkte stärker als die allgemeinen Preise.  Ermöglicht wurde dies nicht zuletzt durch rechtliche Lücken im Mietrechtsgesetz und die zunehmende Öffnung des Wohnsektors für die Profitwirtschaft. Von diesem Negativtrend betroffen sind vor allem auch  junge Familien: Laut einer IFES-Studie aus demJahr 2005 mussten NeumieterInnen von Privatwohnungen  im Zeitraum 2003/2004 um 59(!)% mehr Miete zahlen als noch zehn Jahre zuvor. Rund ein Drittel (32%) des Haushaltseinkommen mussten für Wohnkosten aufgewendet werden. Seither zählen die Wohnungskosten weiterhin zu den Preistreibern im Rahmen der allgemeinen Inflation. Die Folgen dieses Kostenanstiegs im Mietensektor sind nicht nur für die individuell Betroffenen belastend: Eine Studie der Arbeiterkammer hat errechnet, dass durch die Erhöhung der Wohnkosten und den dadurch erzwungenen Konsumverzicht von ArbeitnehmerInnen der Konsum um vier Milliarden Euro gedämpft wurde. Das wirkt sich auch  in Form von 30.000 verlorenen oder nicht entstandenen zusätzlichen Arbeitsplätzen aus.

Aus all diesen Gründen hat sich der Arbeitskreis Jus in der JG Wien der Frage einer Reform des Mietrechtsgesetzes (MRG) zugewendet.

Ein umfassender Katalog an Vorschlägen für eine Reform des Mietrechtsgesetzes wurde aber als erster wichtiger und konkreter Schritt  entwickelt, damit die Mietpreise gesenkt, Rechte leichter durchsetzbar und das Wohnrecht insgesamt übersichtlicher und transparenter gemacht werden. Verschiedene politisch wichtige  Fragen des gemeinnützigen Wohnbaus, des kommunalen Wohnbaus, des Wohnungsgemeinnützigkeitsgesetz (WGG) und des Wohnungseigentumsgesetzes (WEG) sind von diesen rein mietrechtlichen Aspekten zu unterscheiden und müssen in einem nächsten schritt diskutiert werden.

 

Als Junge Generation in der SPÖ setzen wir uns für folgende Punkte ein:

  1. Anwendungsbereich des Mietrechtsgesetz (MRG) erweitern

Zahlreiche Wohnungen sind zur Gänze oder teilweise vom Mietrecht ausgenommen. Die Mietrechtsnovelle 2006 hat hier sogar weitere Einschränkungen gebracht. Das birgt für MieterInnen zahlreiche Nachteile – von der Miethöhe bis zur Ersetzung einer defekten Therme. Welche Wohnungen unter den Vollanwendungsbereich des MRG fallen und welche Rechtsfolgen das hat, ist für MieterInnen aber nur schwer ersichtlich.

  1. Befristungen

In den letzten zehn Jahren wurden die rechtlichen Möglichkeiten zur Befristung von Mietverträgen sukzessive ausgeweitet. Durch die jüngste Novelle wurde auch die Einschränkung, dass nach zwei Befristungen und unterlassener zeitgerechter Kündigung, ein unbefristeter Vertrag anzunehmen ist, beseitigt. Auch das birgt zahlreiche praktische Nachteile für MieterInnen bei der Miethöhe, aber auch bei der Geltendmachung von Rechten bei Investitionsersatz oder Betriebskostenrückerstattung. Wohnen „auf Bewährung“ kann kein akzeptabler Zustand sein. Als erster Zwischenschritt muss zumindest der Zustand laufend verlängerbarer „Ketten-Befristungen“ beseitigt werden.

  1. Betriebskosten

Überhöhte und intransparente Betriebskostenabrechnungen sind ein Dauerbrenner für den MieterInnenschutz. Hier braucht es gesetzliche Maßnahmen, um die Belastung der MieterInnen zu reduzieren.

  1. Mietzinsobergrenzen – Richtwertsystem

Das derzeit geltende Richtwertsystem mit seinen Zu- und Abschlägen ist wenig transparent und bietet keinen wirksamen Schutz gegen die galoppierenden Mietpreissteigerungen. Die zuletzt geplante Schwellenwertregelung (Inflationsanpassung nicht jährlich, sondern erst ab Inflations-Schwellenwert 10%)  bietet hier zwar eine kurzfristige Atempause für bestehende Verträge, für einen nachhaltig wirksamen Mietenstopp braucht es aber eine umfassende Neuregelung des derzeit geltenden Systems.

Mit der Feststellung des Richtwerts hat man als einzelner Mieter nichts zu tun, sie erfolgt nach einem komplizierten, gesetzlich festgelegten Schema, wobei als Ausgangsbasis dafür die im geförderten Neubau anfallenden Grund und Baukosten angenommen werden. Auf Grund von Daten der jeweiligen Landesregierung wird der Richtwert für jedes Bundesland durch Verordnung des Justizministeriums festgesetzt.

Die JG Wien steht dem Richtwertsystem skeptisch gegenüber. Die hohe Intransparenz und Komplexität  des Richtwertsystems im Allgemeinen (oder der Lagezuschläge im Besonderen) ist mit Recht zu kritisieren. Darüber hinaus ist grundsätzlich nicht einsichtig, wieso für ältere Wohnbauten, deren Errichtungskosten längst abgeschrieben sind, die zwangsläufig teureren Kosten neuerrichteter Wohnhausanlagen als Grundlage herangezogen werden. Das Richtwertsystem dient letztlich dem Interesse von Vermietern, den Mietwohnungssektor deutlich stärker den Marktkräften zu unterwerfen, die im Wohnungsbereich besonders stark durch die Vermieter selbst beeinflusst werden können. Trotz dieser grundsätzlichen Skepsis bedarf es einiger Sofortmaßnahmen für MieterInnen im Rahmen dieses Systems, um einen weiteren Mietkostenanstieg zu verhindern.

  1. Kündigungsschutz und Weitergaberecht

Kündigungsgründe sind gesetzlich in einem abgeschlossenen Katalog im MRG geregelt. Andere als die im MRG genannten Kündigungsgründe bestehen nicht bzw. sind nicht wirksam. Dennoch bedarf es auch hier einzelner Änderungen, um den MieterInnenschutz zu verbessern

  1. Maklerprovisionen

Österreich liegt bei den Maklerkosten für Wohnungsmieten europaweit im Spitzenfeld. Hier braucht es gesetzliche Maßnahmen, um die Belastung d er MieterInnen zu reduzieren

  1. Erhaltungspflichten

Durch die beiden „Klauselentscheidungen“ des 7. und des 1. Senats des Obersten Gerichtshofes rückten zu Beginn des Jahres 2007 die Erhaltungspflichten von MieterInnen und VermieterInnen hinsichtlich von Warmwassertheremn u.ä. in den Blickpunkt der rechtspolitischen Diskussion. Die Arbeiterkammer war mit einer Verbandsklage durchgedrungen, mit der sie die Überwälzung der Erhaltungs- bzw. Reparaturkosten solcher Anlagen auf die MieterInnen durch entsprechende Vertragsklauseln bekämpft hatte. Trotz dieser OGH-Entscheidungen bestehen im Einzelfall weiterhin häufig Rechtsunsicherheiten, da diese Judikatur noch keineswegs von allen VermieterInnen als Grundlage herangezogen werden (müssen).

  1. Rechtsschutz und Demokratie

Im Bereich des Wohnrechts fehlen häufig demokratische Mitbestimmungs- und Rechtschutzmöglichkeiten  Eine Ausnahme stellen hier vielleicht die MieterInnenbeiräte in Gemeindebauten dar. Stärkere demokratische Mitbestimmung und Miteinbeziehung bei Wohnanliegen in allen Bereichen des Wohnens gehört auch zu unseren langfristigen Anliegen.

 

Daher fordert die Bundeskonferenz der Jungen Generation:

 

  1. Anwendungsbereich des Mietrechtsgesetz (MRG) erweitern

– Änderung  des § 1 MRG und Beseitigung des Teil- und Vollausnahmedschungels:

  • Volle Anwendbarkeit des MRG auch auf Neu- und Zubauten privater Häuser, vermietete Eigentumswohnungen, Dachgeschossausbauten und Einfamilienhäusern.
  • Neuer Teilanwendungsbereich (Preisschutz, aber nur eingeschränkter Bestandsschutz) nur bei Ferienwohnungen (Appartements) und Häusern mit Kaufmiete.

– Keine MRG-Anwendung bei Wohnheimen.

  1. Befristungen

– Abschaffung befristeter Mietverhältnisse, die gerade unter den Bedingungen eines stark ausgelasteten und völlig überteuerten Wohnungsmarktes keine Berechtigung haben.

– Als ersten Zwischenschritt muss zumindest der Zustand laufend verlängerbarer „Ketten-Befristungen“ beseitigt werden.

  • Eine einmalige Befristung auf 5 Jahre ist für den Vermieter möglich.
  •  Jede Verlängerung (auch wenn sie befristet erfolgt) gilt als unbefristeter Mietvertrag.
  • Übersieht der Vermieter den Ablauf des Befristungszeitraums und spricht keine Kündigung aus, so verlängert sich der Mietvertrag ebenfalls auf unbefristete Zeit.
  1. Betriebskosten

– Herausnahme der Grundsteuer aus den Betriebskosten.

– Begrenzung der maximal verrechenbaren Verwaltungskosten, wobei sich die Verwaltungskosten an der Zahl der zu betreuenden MieterInnen bzw. Mietobjekte orientieren soll.

  1. Mietzinsobergrenzen – Richtwertsystem

– Sofortmaßnahmen im Rahmen des Richtwertsystems:

  • Mieterhöhungsstopp (Aussetzung der Mietzinsvalorisierung)
  • Verstärkte Information der MieterInnen über die jeweils aktuellen Richtwerte
  • Volle Transparenz bei Lagezuschlägen nach § 16 Abs 2, welche Zuschläge in welcher Höhe verrechnet werden
  • Kein Lagezuschlag für öffentliche Infrastruktur, wie er z.B. durch § 16 Abs 2 Z 4 ermöglicht wird. Öffentliche Verkehrsmittel oder Parkanlagen werden durch öffentliche Mittel finanziert, mit ihrer Neuerrichtung sind für den Vermieter keine Kosten verbunden, weshalb auch eine Bereicherung durch solche öffentlichen Maßnahmen nicht gerechtfertigt erscheint
  • Gesetzliche Maximalmietzinse, durch die Zuschläge auf den Richtwert gedeckelt werden.

– Darüber hinaus: Ersetzung des Richtwertsystems für alle NeumieterInnen durch ein klares, transparentes und preissenkendes Kategoriemietzinssystem:

  • Höchstmiete für Kategorie A: € 3,5, für Kategorie B: € 3, für Kategorie C: € 2, Kategorie D: € 1.
  • Preiserhöhung bei NachmieterInnen prozentuell begrenzt möglich, wobei sich die prozentuell zulässige Erhöhung an der Mietdauer des Vormieters orientieren soll.
  1. Kündigungsschutz und Weitergaberecht

– Änderung des § 12: Eintrittsberechtigung auch für Lebensgefährten und für MitbewohnerInnen in einer WG, in der nur eine Person Hauptmieter ist.

– Änderung des § 46 Abs 2: Keine Mietzinsanhebung für in den Mietvertrag eintretende Kinder, auch nach Erreichung der Volljährigkeit.

– Änderung des § 30 Abs 2 Z 5: Alle abstrakt eintrittsberechtigten Personen sollen in die Mietrechte eintreten können

– Überarbeitung des § 30 Abs 2 Z 6: Betroffen  sind vor allem PensionistInnen mit Zweitwohnsitz.

  1. Maklerprovisionen

– Reduktion der Maklergebühren auf maximal zwei Monatsmieten

– Da MaklerInnen per Definition sowohl Interessen von MieterInnen als auch von VermieterInnen vertreten sollen, müssen auch die Kosten zumindest geteilt werden. In Anbetracht der realen Verhältnisse wäre auch eine Vollübernahme der Maklergebühren durch den Vermieter in Betracht zu ziehen.

  1. Erhaltungspflichten

– Gesetzliche Regelung von Erhaltungspflichten für Einrichtungen iSd § 8 Abs 1.

– Übernahme von Reparatur- oder Ersatzkosten durch den Vermieter

– Übernahme der Kosten für ordnungsgemäße Wartung durch die MieterInnen (z.B.: jährliche Überprüfung der Therme)

  1. Rechtsschutz und Demokratie

– In jedem Wohnhaus können ab einer bestimmten Größe (z.B.: 5 HauptmieterInnen) MieterInnenvertretungen eingerichtet werden. Regelmäßige MieterInnenversammlung wählen diese Vertretung und beraten alle relevanten Fragen rund um das Wohnobjekt

– Die MieterInnenvertretung soll Einsicht in abgeschlossene Verträge und Vertragsangebote und behördliche Schriftstücke erhalten und so (etwa bei der Auswahl der Hauverwaltung etc.) als Korrektiv wirken können

– Die MieterInnenvertretung soll z.B. das Recht erhalten, namens der MieterInnen Betriebskostenabrechnungen oder Mietzinserhöhungen zu prüfen bzw. anzufechten. Dabei können und sollen MieterInnenvertretungen eng mit bestehenden Mieterschutzorganisationen, wie der MVÖ,  kooperieren.

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