Fairer Zugang zum Rechtsanwaltsberuf

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1.) Der § 1 der österreichischen Rechtsanwaltsordnung (RAO) sieht strenge Hürden für die Ausübung des Rechtsanwaltsberufs vor. Das ist grundsätzlich begrüßenswert, denn wer will schon von einem schlechten Anwalt vertreten werden? Schon gar nicht von einem Anwalt, welcher der deutschen Sprache nicht mächtig ist. Klar ist, dass es Mindeststandards geben muss. Problematisch wird es aber, wenn Beschränkungen den Anschein einer Marktabschottung erwecken. Zweifelsohne ist die Erfordernis der österreichischen Staatsbürgerschaft eine solche, die absolut unverständlich erscheint. Nach dem EU Beitritt Österreichs 1995 herrschte ganze 7 Jahre lang ein unionsrechtswidriger Zustand! Erst ab dem Jahr 2002 wurden EU BürgerInnen österreichischen Staatsbürgerinnen gleichgestellt und der Widerstand der Rechtsanwaltskammer gebrochen. (Auch EWR Bürgerinnen und Schweizer Staatsangehörige wurden gleichgestellt). Wie zuvor festgestellt, muss ein österreichischer Rechtsanwalt der deutschen Sprache mächtig sein und darüberhinaus die österreichische Rechtsordnung kennen (wofür das Studium des österreichischen Rechts wohl unausweichlich sein wird). Für den Ausschluss von anderen Drittstaatsangehörigen fehlt aber jegliche sachliche argumentative Grundlage. Anders als beim Richteramt oder im Bereich der Verwaltung, wo man hoheitlich tätig wird, vertritt man im Rechtsanwaltsberuf die Interessen des Klienten/der Klientin. In Staaten wie Deutschland, der Schweiz und den USA (wo Jeder und Jede das sogenannte Bar Exam absolvieren kann) ist der Zugang für alle Drittstaatsangehörige offen. Wer behauptet, dass man nach Absolvierung des Studiums der Rechtswissenschaften, ja einfach die Staatsbürgerschaft erlangen kann, der täuscht sich gewaltig. Das strikte österreichische Staatsbügerschaftsrecht sieht hohe Einkommensgrenzen über 3 Jahre hinweg vor, die von einem Studienabsolventen nicht erfüllt werden können. Skurill ist auch, dass man nicht mal als Rechtsanwaltsanwärter tätig werden kann (um somit vl die Einkommenserfordernisse zu erfüllen), da auch für die Eintragung in das Register für RechtsanwaltsanwärterInnen die „richtige“ Staatsbürgerschaft erforderlich ist. Somit bleibt für Betroffene die diesen Beruf anstreben nur die Möglichkeit, 3 Jahre in einem anderen Beruf tätig zu sein um in weiterer Folge die Staatsbürgerschaft zu erlangen- die man vl nicht will- und nach Absolvierung des Präsenzdienstes (6-9 Monate) eine langatmige Ausbildung zum Rechtsanwalt zu beginnen. Diese Regelung ist einerseits integrationshemmend, da in Österreich die Staatsbürgerschaft nach dem Blutsprinzip von den Eltern übertragen wird. Wollen die Eltern die österreichische Staatsbürgerschaft nicht erlangen oder können sie es sich finanziell nicht leisten, stellt diese Regelung für Kinder mit Migrationshintergrund, die es in unserem Bildungssystem ohnehin schon schwerer haben an eine Uni zu kommen, eine unüberwindbare Hürde in ihrem Berufswunsch dar. Andererseits verliert unsere Volkswirtschaft Jahr für Jahr Menschen deren Ausbildung wir hier finanziert haben, ins Ausland (brain drain).

2.) Darüberhinaus, muss sich bei der Rechtsanwaltsausbildung grundsätzlich etwas ändern, denn zurzeit vertreten RechtsanwaltsanwärterInnen zwar die Rechte von Dritten, nicht aber ihre eigenen. Für die Eintragung als Rechtsanwalt benötigt man 5 anrechenbare Jahre, einen überwiegenden Teil bei einem eingetragenen Rechtsanwalt und weitere anrechenbare Ersatzzeiten. Diese Praxis führt dazu, dass junge Akademikerinnen und Akademiker, die diesen Beruf anstreben, sich in die Abhängigkeit von einem eigetragenen Rechtsanwalt/Rechtsanwältin begeben müssen. Mit einem All-In Vertrag und ohne Kollektivvertrag stehen schlechte Bezahlung und 60-70 Stunden Wochen auf der Tagesordnung. Es gibt lediglich eine Empfehlung der Rechtsanwaltskammer die hier als Empfehlung herangezogen wird und nicht im geringsten einer fairen Entlohnung entspricht. Gerade Frauen werden durch dieses ausbeuterische System diskriminiert und schlagen viel seltener den Weg des Rechtsanwaltsberufs ein, da bei einer „drohenden“ Schwangerschaft dieses „Ausbeutungsverhältnis“ unterbrochen werden müsste. Bricht man die Ausbildung zum Rechtsanwalt ab, verliert man auch noch die Anwartschaft auf die Pensionsjahre. Der einzige Anreiz diese harte Zeit durchzumachen ist es, später selber Rechtsanwalt/Rechtsanwältin zu werden um in weiterer Folge, selber mit dieser Ausbeutungsmethode auf dem Rücken der nächsten Generation hohe Gewinne zu erzielen indem die „billigen“ Stunden teuer an Klienten und Klientinnen weiterverrechnet werden können. Diese unsachlichen und ausbeuterischen Restriktionen werden aufgrund der starken Lobby der Rechtsanwaltskammer nicht aufgegriffen und sind keinesfalls eine reine Qualitätsgarantie, sondern führen zu einer Marktabschottung.

Aus diesem Grund möge die Bundeskonferenz der Jungen Generation in der SPÖ beschließen:

  • Die Junge Generation in der SPÖ setzt sich dafür ein, dass der Rechtsanwaltsberuf für alle Drittstaatsangehörige, welche über ausreichende Sprachkenntnisse verfügen und das Studium des österreichischen Rechts absolviert haben geöffnet wird.
  • Die Junge Generation in der SPÖ setzt sich für die Beendigung der prekären Arbeitsverhältnisse von Rechtsanwaltsanwärtern und RechtsanwaltsanwärterInnen ein. Insbesondere für die Einhaltung von arbeitsrechtlichen Mindeststandards, wie Arbeitszeit, Pensionsversicherung und einer fairen Entlohnung.
  • Die SPÖ tritt für eine Evaluierung der KonzipientInnenzeit ein.
  • Die SPÖ setzt sich für die Gleichberechtigung der Geschlechter im RechtsanwältInnenberuf ein.
  • Bei der Ausbildung zum Rechtsanwalt, muss der Kreis der anrechenbaren Zeiten auch auf juristische Tätigkeiten in der Privatwirtschaft und in Vereinen und anderen Organisationen ausgeweitet werden.
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